Kreidefarbe selber herstellen – Methoden im Vergleich
Kreidefarbe selber herstellen? Geht das?
Viele von Euch fragen sich, ob man Kreidefarbe selber mischen kann. Denn Kreidefarbe zu kaufen kann auf Dauer recht teuer werden. Ein Liter echte Kreidefarbe kann bis zu 45€ kosten, während eine Dose einfacher Acryllack aus dem Discounter ab 4€ zu haben ist. Es wäre daher sicherlich eine tolle Sache, wenn man die Kreidefarbe irgendwie selber anrühren könnte, oder?
Im Internet gibt es verschiedene Anleitungen dazu, wie man Kreidefarbe aus einfachen Zutaten selbst herstellen kann. Ich habe für Euch einmal die drei gängigsten Varianten ausprobiert und verglichen.
1. Kreidefarbe aus Acryllack mit Natron
Natron, auch Backsoda genannt, gibt es für kleines Geld in jedem Supermarkt zu kaufen. Es gibt die unterschiedlichsten Anwendungsmöglichkeiten. Man kann es beispielsweise zum Backen, Putzen, als Kosmetikprodukt oder als Heilmittel einsetzen (Wikipedia: Natron). Ich habe das klassische „Kaiser Natron“ verwendet.
Um Kreidefarbe herzustellen soll man Natron mit etwas Wasser anrühren und dann im Verhältnis 1:2 mit Acryllack mischen. In meinem Fall habe ich ca. 40g angerührtes Natron mit ca. 80g Alpina 2in1 Weisslack gemischt.
Das Anrühren funktionierte problemlos und sehr einfach. Beim Mischen habe ich allerdings festgestellt, dass sich die Natronlösung nicht vollständig in dem Lack auflöst. D.h. auch bei langem Rühren blieben die sandähnlichen Partikel des Natrons zurück. Außerdem war die Konsistenz der Farbe am Ende etwas dünner als die der ursprünglichen Acrylfarbe.
Konsistenz komisch
Die Konsistenz war von allen drei ausprobierten Varianten, die die am weitesten von der echter Kreidefarbe entfernt war. Denn sie war sehr flüssig und mit ihren sandigen Partikeln schon optisch nicht mit Kreidefarbe zu vergleichen.
Auch im trockenen Ergebnis waren diese Partikel noch sehr klar zu erkennen. Die Oberfläche fühlte sich sehr rau an, vergleichbar mit der von feinem Schleifpapier. Im Kratztest zeigte sich, dass diese körnige Oberfläche diejenige war, die am schlechtesten auf dem Holz haftete. Schon mit wenig Kraftaufwand konnte ich die trockene Farbe vollständig vom Holz wegkratzen. Der hochwertige Lack war anscheinend mit zu vielen Partikeln vermischt, um noch gut haften zu können.
Für das Anschleifen der Farbe im Shabby Chic Finish mag das vielleicht ein Vorteil sein, weil man nur wenig Kraft mit dem Schleifpapier benötigt. Doch von einer langen Haltbarkeit auf den gestrichenen Objekten kann man leider auch nicht ausgehen.
2. Kreidefarbe aus Acryllack mit Schlämmkreide
Schlämmkreide ist Calciumcarbonat und ein 100% biologisches Produkt (Wikipedia: Schlämmkreide), das ebenfalls unzählige Anwendungsmöglichkeiten hat. Man verwendet es als Kosmetikprodukt, z.B. mit Wasser angerührt als Peeling oder Maske oder aber auch für die Reinigung unterschiedlichster Materialien oder zur Herstellung von Leimfarbe (Wikipedia: Leimfarbe).
Ich habe für mein Experiment „Original Rügener Schlämmkreide“ für ca. 8€/kg (Amazon Schlämmkreide) verwendet. Ebenfalls mit ein wenig Wasser angerührt und dann im Verhältnis 1:2 mit Weisslack gemischt soll sich eine Farbe ergeben, die ähnliche Eigenschaften hat wie Kreidefarbe.
Ich mischte also wieder ca. 40g angerührte Schlämmkreide mit ca. 80g Alpina 2in1 Weisslack. Das Vermengen war genauso unproblematisch wie beim Natron. Das tonartige Schlämmkreide-Pulver löste sich schnell im Wasser auf und konnte dann gut mit der Farbe verrührt werden. Die Konsistenz wurde allerdings viel sämiger als bei der Variante mit Natron. Auch hier war die fertig angemischte Farbe jedoch nicht unbedingt dickflüssiger als der ursprüngliche Alpina-Lack.
Wirkt am ehesten wie echte Kreidefarbe
Von allen drei ausprobierten Varianten war das Auftragen der Schlämmkreide-Farbe am ehesten mit dem von echter Kreidefarbe vergleichbar. Die Farbe war sehr homogen und glatt und ließ sich einfach und gleitend auftragen. Beim Kratztest schnitt die Farbe ebenfalls ganz gut ab. Hier brauchte ich viel mehr Kraft, um durch den Lack zu kratzen. Ihr könnte also davon ausgehen, dass der mit Schlämmkreide vermischte Lack immer noch eine recht gute Haltbarkeit hat.
3. Kreidefarbe aus Acryllack mit Gips
Gips gibt es in jedem Baumarkt und kostet ebenfalls nicht viel. Zur Herstellung des Kreidefarbeimitats soll dieser erst mit ein wenig Wasser angerührt werden und dann im Verhältnis 1:3 mit Acryllack vermengt werden. In meinem Fall habe ich ca. 40g angerührten Gips mit ca. 120g Lack vermischt.
Wahrscheinlich hat jeder von Euch schon einmal Gips angerührt. Das ist im Grunde nicht schwer, man muss nur die richtige Menge Wasser erwischen. Mit zu wenig Wasser wird der Gips klumpig, mit zu viel Wasser wird er zu flüssig. Ich habe den Mittelweg gewählt und einen relativ dicken Brei angerührt.
Gips Anrühren hat seine Tücken
Das Mischen mit dem Acryllack fiel dann etwas mühseliger aus als bei den beiden anderen Varianten. Denn der Gips ließ sich nur sehr schwer und mit langem Rühren richtig unter die Farbe mischen. Das fertige Ergebnis war dafür dann aber merklich dicker als der Lack alleine und somit viel dickflüssiger als bei den Varianten mit Natron oder Schlämmkreide. Mit der Zugabe von etwas Wasser hätte ich die Mischung jedoch auch noch etwas dünnflüssiger anrühren können.
Beim Auftragen hatte die Mischung also noch eine sehr dicke Konsistenz. Das Auftragen hatte daher schon fast etwas von Spachteln, ging aber dennoch ganz gut, vor allen Dingen was die Deckkraft anging. Allerdings fiel mir sehr bald auf, dass man beim Arbeiten mit der Farbe sehr schnell sein musste. Das zugeschraubte Einmachglas, in dem ich die Farbmischung angerührt hatte, ließ sich schon nach kurzer Zeit nur noch schwer öffnen und der Pinsel verklebte recht schnell. Schließlich ist Gips ja normalerweise dazu gedacht, schnell auszuhärten.
Gips ist einfach nicht kratzfest
Beim Kratztest konnte die Gips-Variante auch nicht wirklich punkten. Getrockneter Gips lässt sich von den meisten Oberflächen sehr leicht abkratzen oder abbröckeln. Somit ließ sich auch die Oberfläche der getrockneten Gips-Farbe recht einfach abkratzen, was nicht für eine lange Haltbarkeit der Farbe spricht. Allerdings war diese Variante noch um einiges widerstandsfähiger als die mit Natron.
Fazit Kreidefarbe selber herstellen
Im Endergebnis sind die drei Varianten sehr unterschiedlich geworden. Das Natron-Gemisch sieht durch seine sehr sandige Oberfläche echter Kreidefarbe nicht wirklich ähnlich. Die getrocknete Farbe erinnert eher an einen Rauputz als an Kreidefarbe. Wer diesen Effekt habe möchte kann daher sicherlich auf dieses Rezept zurückgreifen. Wenn man aber Kreidefarbe imitieren möchte, sind die anderen Varianten besser geeignet.
Am ehesten ist dafür meiner Meinung nach die Schlämmkreidemischung geeignet. Denn sie ist sowohl beim Auftragen als auch im Endergebnis einer echten Kreidefarbe sehr ähnlich. Die Oberfläche fühlt sich pudrig an und das Ergebnis ist etwas matter, als das von Acryllack alleine.
Das Ergebnis der Gipsmischung ist ebenfalls klar von dem Streichergebnis mit Acryllack alleine unterscheidbar. Die Oberfläche ist rau, matt und gröber als die der Schlämmkreidemischung. Es bilden sich stellenweise ganz feine Klümpchen, was auch in echter Kreidefarbe vorkommt. Für eine günstige Herstellung von Kreidefarbe ist Gips also durchaus geeignet.
In den meisten Fällen würde ich dennoch die Variante mit Schlämmkreide vorziehen, da das Arbeiten mit der Gips-Farbe eher mühselig ist, da sie so schnell aushärtet. Bei der Schlämmkreidemischung ist die Konsistenz zum Arbeiten einfach angenehmer. Wollt Ihr also eine günstige Alternative zu echter Kreidefarbe, würde ich Euch am ehesten das Schlämmkreide-Rezept empfehlen. Wenn Ihr allerdings einmal eine eher dicke Konsistenz braucht und das Ergebnis sehr grob ausfallen soll, seid Ihr mit der Gipsvariante flexibler.
Alle Varianten sind empfindlich
Egal für welche Variante Ihr Euch am Ende entscheidet, bei allen Varianten erscheint es mir sinnvoll, das getrocknete Ergebnis zu versiegeln. Denn auch wenn der Acryllack alleine keine versiegelnde Schicht benötigt, ist der Anstrich durch die Zugabe des Natron, der Schlämmkreide und des Gipses porös und somit empfindlich geworden. Ich würde Euch daher dringend empfehlen, Euer fertiges Ergebnis noch einmal mit Klarlack zu überziehen. Auf diese Weise stellt Ihr sicher, dass Ihr auch bei der Variante mit Gips und Natron eine recht widerstandsfähige Oberfläche herstellen könnt.
Eine schnelle Zusammenfassung meines Tests zum Kreidefarbe selber herstellen könnt Ihr Euch gerne auch noch einmal in meinem Video ansehen:
32 Comments
Eine Frauaaa
Mal ein Tipp (weil oben in den Kommentaren ja gesagt wurde: her damit 😉 ) aus jahrelanger Praxis:
Ich mache meine Farben immer selbst. Ich habe da ewig mit rumexperimentiert und seit knapp vier Jahren das ultimative Ergebnis.
Ich nehme einen Teil Kreide (… und da bin ich irgendwann bei normaler Sportplatzkreide gelandet, der 25kg-Sack zu 9,-€ irgendwas), einen Teil Sumpfkalk, einen Teil Acryllack.
Diese Kreide muss man nen ticken länger sumpfen lassen (ich rühre die immer einen Tag zuvor an), ist dann aber sehr gut geeignet, dann den Kalk draufgeben (bitte echter (!) Sumpfkalk) und zum Schluss den Acryllack. Das ist ein wenig tricky, denn das Gebinde reagiert wenn man den Lack einrührt. Was heißt, sie dickt ein, und man muss schnell rühren, zusätzlich mit Wasser verlängern, bis man eine gut streichfähige Konsistenz hat.
Ich töne die Farben entweder mit Pulverpigmenten ab oder mit Mixol-Farbkonzentraten.
Zum verarbeiten: Die Farbe trocknet sehr schnell, man kann nach zwei Stunden drüberstreichen. Föhnt man sie eben schnell (!) trocken, geht das sofort.
Der Nachteil von käuflichen Farben ist eben, der doch starke Abrieb im Gebrauch. Wachse ich meine Farben (nachdem ich sie etwas mit Schleifwolle poliert habe), ist da null Abrieb. Bei Wachsen gibt es aber auch große Unterschiede. Der Wachs von Quick ist zu weich, was heißt, wachst man damit Tischplatten, ist das nicht wirklich dicht und gibt Flecken, wenn man mit Kaffee kleckert. Nachdem ich einige Wachse durchhabe, ist der Sieger ganz klar das Antikwachs von Clou. Da reicht einmal drüberwachsen und die Fläche härtet so aus, das man weder Abrieb noch Flecken hat, wenn man mal kleckert. Naja, man sollte den Kaffee dazu auch wegwischen und nicht auf dem Möbel trocknen lassen, das gäbe dann auch Ränder.
Die mit Stahlwolle polierte Fläche braucht aber nicht zwangsläufig eine Wachsschicht. Ich habe ungewachste Schränke, die auch nach Jahren null Abrieb aufweisen.
So und ich mache jetzt mal eine kleine Rechnung auf. Anfangs habe ich Sumpfkalk fertig gekauft. Das 10kg-Gebinde zu ca. 40,-€. Kreide wie gesagt 9,-€ der Sack und (ich nehme immer den billigsten Lack, weil der hier nichts weiter können soll, außer als Bindemittel zu fungieren) Lack zu 9,-€ für 2,5 Liter. Damit war ich, wenn ich das runterrechne, bei einem Preis für den Liter Kalkkreidefarbe von sage und schreibe nicht ganz 3,-€. Mittlerweile lösche ich den Sumpfkalk selbst, habe zwei 150l-Fässer stehen. Wo ich dann echt den Liter Kalkkreidefarbe für einen Euro herstelle.
Wobei – bitte! – Obacht: Sumpfkalk selbst herstellen ist gefährlich, also nicht blind beigehen. Das macht man im Zweifel nur einmal falsch. Also lieber Gebinde kaufen!
Dazu muss der Kalk mindestens ein Jahr einsumpfen, wenn man ihn für diese Art Farbe verwenden will.
Arbeitet man viel damit, wie ich es mache, lohnt sich das auf jeden Fall.
Achso … nimmt man statt des billigen Lacks einen qualitativ hochwertigeren und erhöht den Lackteil von einem Teil auf drei, hat man Eggshellqualität für (ich gehe davon aus, dass man ein gekauftes Gebinde Sumpfkalk benutzt) knapp fünf Euro für den Liter.
Die Qualität – vom Preis mal ganz abgesehen – meiner Farben, wage ich nach x Vergleichen zu behaupten, ist unschlagbar und steht der gekauften Farbe (jedweder Art) in nichts nach.
Warum ich mein „Geheimnis“ preisgebe? Weil shabby damals eine Bewegung gegen den Konsum war. Mit der man heute viel Geld (auch durch die völlig überteuerten Farben) umsetzt und so zum Gegenteil dessen geworden ist, was es mal sein wollte. Was sicher nicht im Sinne der Erfinder/Gründer ist.
Ach, eins noch. Ich rühre die Grundfarbe einmal im Jahr an, manchmal auch zweimal. Gut verschlossen (bitte Plastikbehältnisse nehmen, Metall rostet durch den hohen Kalkanteil) hält die über diesen Zeitraum. Ich sammle dafür 1L-Joghurteimer, die ich zudeckle, zusätzlich in Gefrierbeutel wickle, die Luft rausziehe und fest verschließe. So habe ich immer genug stehen und muss die nur noch entsprechend abtönen, wenn ich sie brauche. Das als Randbemerkung, weil oben geschrieben wurde, es sei viel Arbeit. Ich brauche für 50Liter drei, max. vier Stunden und mal ganz im Ernst? Die Qualität ist gleichbleibend gut so und immer identisch. Wer mehr ausgeben will, kann das gerne tun, aber ist schlicht unnötig.
Bei längerem Lagern dickt die Farbe in den Behältnissen nach, aber Schluck Wasser drauf, rühren, etwas stehenlassen, nochmal rühren und alles ist wieder gut.
Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung 😉
Leonie
Oh wow! Danke Dir für die die ausführlichen Infos! Darf ich fragen, was Du mit sooo riesigen Mengen an Kreidefarbe machst? 🙂
Liebe Grüße
Leonie
Eine Frauaaa
Aufmöbeln, was mir unter die Finger kommt. Und dann in der Familie und unter Freunden verteilen. Sowohl die Möbel, als auch die Farbe 😉 und mich darüber freuen, dass ich Menschen vom echten shabby-Gedanken (Stichwort Konsumverweigerung und dazu gehört eben auch keine teuren und sogar schlechteren Farben – meine finden auch im Denkmalschutz Verwendung – kaufen zu müssen) zu infizieren.
Leonie
Das hört sich wirklich sehr sehr sympathisch an! 🙂
Eine Frauaaa
Danke
Mir ist es ein Bedürfnis, ja, eine Mission, Menschen zu zeigen, wie es anders geht. Wenn du auf folgenden Link klickst, siehst du ein Beispiel, wie mit quasi nichts arbeite
Bautage 93 bis 96 – Abenteuer Fachwerkhaushttps://meinschnaeppchenhaus.wordpress.com/2018/04/25/bautage-93-bis-96/