Kommode Eva – So wird ein altes Möbelstück Shabby Chic
Arbeitsaufwand: ca. 20 Stunden
Materialkosten: ca. 180€ (wenn man alles neu kaufen muss)
Eingesetzte Materialien:
- Anlauger & Entfetter (100gr Pulver ca. 6€)
- Malerkrepp (Abklebeband) (ab ca. 1€/Rolle)
- Pinsel in verschiedenen Größen (ca.3€/Stück)
- 1 Pure Bristle von Annie Sloan Größe M (29,95€)
- Holzisoliergrund von Schöner Wohnen in Weiß (ca. 15€/750ml-Dose)
- Annie Sloan Chalk Paint „Emile“ (29€/1l-Dose)
- Annie Sloan Chalk Paint „Pure“ (29€/1l-Dose)
- Annie Sloan Chalk Paint „Duck Egg Blue“ (29€/1l-Dose)
- Schleifpapier 80er-Körnung (ca. 5€/Rolle)
- Annie Sloan Möbelwachs (Soft Wax clear) (17€/500ml-Dose)
- 1 fusselfreies Tuch
Über eBay habe ich es geschafft, recht günstig an eine alte Kommode aus einer Haushaltsauflösung zu kommen. Sie wurde nach Angaben der Verkäufer 1969 aus Nussbaum gefertigt und hatte ein kleines Vermögen gekostet.
In der Tat war diese Kommode ein sehr hochwertiges Stück mit seinem massiven Holz, seinen Schnitzereien und seinem außergewöhnlichen Design. Nach 45 Jahren im Einsatz war es fast makellos, lediglich sehr leichte Gebrauchspuren ließen sich erkennen.
Für mich die besten Voraussetzungen um dem Möbelstück ein zweites Leben einzuhauchen. Als „Eva“ würde die Kommode bald in einem neuen Look erstrahlen.
1. Reinigung
Wie immer bei alten Möbelstücken stand zuerst die Reinigung an. Zwar sah das Möbelstück sehr sauber aus und stammte aus einem Nichtraucherhaushalt. Dennoch wollte ich sichergehen, dass die Farbe am Ende gut halten würde und rührte mir Anlauger und Entfetter an. Denn Möbel setzen mit der Zeit eine Patina an, die beispielsweise aus Hautfetten besteht und sich mit normalen Reinigungsmitteln nicht entfernen lässt.
Mit einem Synthetikpinsel trug ich die Lösung großzügig auf dem Gesamten Möbelstück auf und ließ sie einwirken. Nach etwa zehn Minuten wusch ich die Kommode dann mit einem Schwamm und viel Wasser wieder sauber. Mehr zu dem Holzreiniger und was Ihr bei der Anwendung beachten solltet, könnt Ihr in meinem Kapitel Sonstige Utensilien nachlesen.
2. Abkleben
Insgesamt war die Kommode noch sehr gut erhalten. Insbesondere von innen waren keinerlei Makel erkennbar und das Holz noch immer sehr schön. Aus diesem Grund entschied ich mich dazu, das Innere der Kommode so zu belassen, wie es war. D.h. hinter den zwei Türen, hinter den Schubladen und die Schubladen selbst würde ich nicht streichen. Um dennoch einen sauberen Übergang der Farbe hinzubekommen, musste ich die Randbereiche abkleben. Dazu verwendete ich ganz normales Malerkrepp, wie es in jedem Baumarkt zu finden ist.
3. Grundieren
Nachdem ich die Übergänge zum Innenbereich der Kommode fein säuberlich abgeklebt hatte, freute ich mich mit der Kreidefarbe beginnen zu können. Ich rührte dazu den Farbtopf von Annie Sloans Chalk Paint im Farbton „Emile“ kräftig um und begann mit einem runden Pinsel mit einem der Kommoden-Füße. Doch schon als ich meine ersten Pinselstriche trockneten, sah ich, dass das Holz anfing durchzubluten. Im Foto unten könnt Ihr sehen was ich meine.
Von Durchbluten spricht man immer dann, wenn Inhaltsstoffe des Holzes durch die Farbe an die Oberfläche treten und dort zu Fleckenbildung führen (mehr dazu in meinem Kapitel Grundierungen). Obwohl ich nicht mit Weiß arbeitete sah ich sofort, dass nach dem Anstrich gelbliche Flecken an der Oberfläche sichtbar werden würden. Auf dem Foto seht Ihr Bereiche, in denen der erste Anstrich noch nicht ganz gedeckt hat, hier sind Pinselstriche sichtbar. Im oberen Bereich jedoch, da wo ich die Markierung gemacht habe, war der Anstrich deckend. Die gelblichen Flecken sind erst nach dem Trocknen der Farbe entstanden.
Da hier auch kein mehrfaches Anstreichen hilft, entschied ich mich dazu, doch die ganze Kommode mit einem Holzisoliergrund zu streichen (mehr dazu auch im Kapitel Grundierungen). Hierzu verwendete ich für die Flächen einen kleinen flachen und für die Ecken und Kanten einen kleinen runden Synthetikpinsel. Als Grundierung verwendete ich den Holzisoliergrund von Schöner Wohnen.
4. Anstrich Unterbau
Um alle Bereiche der Kommode sauber anstreichen zu können, hatte ich die Kommode auf den Kopf gedreht. So würde ich zuerst den Unterbau der Kommode streichen, später dann die Ablagefläche. Zuerst strich ich den gesamten Unterbau mit der lila Farbe. Dies war recht mühselig, da die Füße der Kommode sehr viele Schnörkel und Vertiefungen hatten. So musste ich immer zwischen eine großen und einem sehr kleinen Pinsel wechseln. Nach dem ersten Anstrich hatte die Kreidefarbe von Annie Sloan noch nicht gedeckt.
Links auf dem Bild könnt Ihr sehr gut erkennen, dass stellenweise unter den Pinselstrichen die weiße Grundierung hervorschaut. Für den zweiten Anstrich des Unterbaus drehte ich die Kommode wieder richtig herum. Denn nur so konnte ich sicherstellen, dass ich die sichtbaren Stellen sauber anstreichen würde. Über Kopf wäre das schwierig gewesen.
Auf dem Bild unten könnt Ihr sehen wie einer der Füße nach dem Trocknen der zweiten Schicht aussah. Die Farbe deckte nun optimal und Ihr könnt sehr gut erkennen, wie das typische Bild von getrockneter Kreidefarbe aussieht. Die Struktur ist sehr uneben und rau und der Farbton ist extrem matt und pudrig.
5. Versiegelung des Unterbaus
Würdet Ihr die Farbe nun so belassen, würde sie sehr schnell schmutzig werden und sich schnell abreiben lassen. Eine Versiegelung von Kreidefarbe ist daher absolut notwendig. Da der Unterbau nun fertig war konnte ich diese Versiegelung bereits jetzt vornehmen. Ich arbeite dazu gerne mit dem Soft Wax clear von Annie Sloan. Das ist ein sehr weiches Möbelwachs, das sich gut mit einem fusselfreien Lappen oder einem Pinsel auftragen lässt (mehr dazu in meinem Kapitel Möbelwachse).
Wenn Ihr das Wachs auftragt, färbt sich die Kreidefarbe minimal dunkler, so dass Ihr sehr gut sehen könnt, wo Ihr bereits gewesen seid. Auf dem Bild rechts könnt Ihr sehen, was ich meine. Beim Auftragen und Einarbeiten des Wachses in die Farboberfläche nehmt Ihr immer auch ein wenig der Kreidefarbe wieder vom Möbelstück herunter. In meinem Fall hat sich dadurch die lila Farbe stellenweise wieder so weit gelöst, dass die Grundierung zum Vorschein kam. Für den Shabby Chic Look war dies nicht schlimm, im Gegenteil, so hatte ich einen interessanten Used-Look Effekt mit einem schönen Kontrast ohne das Holz der Kommode zum Vorschein kommen zu lassen.
6. Finish des Unterbaus
Da der Unterbau komplett in lila noch etwas langweilig wirkte, wollte ich ihm nun ein interessantes Finish geben. Hierfür verwendete ich das Soft Wax mit ein wenig Kreidefarbe im Farbton „Duck Egg Blue“, ein mattes Grün mit einem Hauch von Blau. Auf einem Pappteller mischte ich beides zusammen, was sehr leicht ging, da sich die Texturen sofort miteinander verbanden.
So hatte ich mir nun innerhalb von einer Minute ein farbiges Kreidewachs selbst hergestellt, was ich sonst extra hätte kaufen müssen. Mehr zum Thema Kreidewachs findet Ihr in meinem Kapitel Möbelwachse. Mit einem Borstenpinsel brachte ich die Paste nun auf die Füße der Kommode auf. Vielleicht fragt Ihr Euch, warum ich nicht zuerst das gefärbte und dann erst das farblose Wachs zur Versiegelung aufgebracht habe. Theoretisch wäre das natürlich auch gegangen. Hätte ich das gefärbte Wachs jedoch direkt auf die noch raue und poröse Kreidefarbe aufgetragen wäre es sehr deckend gewesen und Korrekturen bei zu viel aufgetragenem Wachs nur noch sehr schwierig.
Auf der bereits versiegelten Kreidefarbe konnte ich viel feiner arbeiten und zu viel Wachs mit einem Lappen stellenweise wieder wegnehmen oder verreiben. Auf diese Weise entsteht ein hauchdünner lasierender Effekt mit weichen Übergängen. Am besten ist es, wenn Ihr die erste Versiegelungsschicht einen Tag trocknen lasst, bevor Ihr mit dem gefärbten Wachs weiter macht. So bleibt Euch der größte Spielraum für Korrekturen.
Nach dem Auftrag des gefärbten Möbelwachs hatten die Füße von Eva nun einen grünlichen Schimmer und machten den Eindruck als hätten sie eine echte Patina. Nach einem Tag Trocknen polierte ich den gesamten Unterbau noch einmal final mit einem fusselfreien Lappen. Nun war dieser Teil der Kommode fertig.
7. Anstrich Korpus
Mit Annies Sloans Chalk Paint in der Farbe „Pure“ strich ich nun den Korpus, die Türen und die Schubladenfronten deckend weiß. Nach dem ersten Anstrich reichte die Farbe noch nicht aus um die Farbe des Holzes komplett verschwinden zu lassen. Auch hier benötigte ich also zwei Schichten der weißen Farbe.
8. Verzierungen Schublade
Auf der Front der mittleren Schublade befinden sich tolle Schnitzereien, die Blumen darstellen. Mit dem bereits verwendeten Lila-Ton „Emile“ malte ich die Blüten an und für die Stängel und Blätter verwendete ich das „Duck Egg Blue“, das ich bereits für das Finish des Unterbaus eingesetzt hatte. Mit einem feinen Pinsel arbeitete ich alle Konturen nach.
Nach dem Trocknen versiegelte ich die komplette Front mit dem farblosen Soft Wax. Mit einem Stück Schleifpapier bearbeitete ich anschließend die Ecken, Kanten und die erhöhten Stellen der Schnitzereien um die Kreidefarbe wieder stellenweise zu entfernen. Teilweise schliff ich die Farbe bis auf das Holz herunter und teilweise nur ganzoberflächlich bis das Weiß unter den Verzierungen wieder zum Vorschein kam. Anschließend versiegelte ich die Front noch einmal mit Soft Wax clear und polierte sie nach einem Tag Trocknung etwas auf. So war nun auch die Eyecatcher-Schublade fertig geworden.
9. Bemalung Türen
Doch auch die Türen der Kommode sollten nicht einfach nur weiß bleiben. Nachdem ich die Ränder mit Malerkrepp abgeklebt hatte, strich ich mit dem Farbton „Emile“ die inneren Kassetten der beiden Türen. Dabei ging ich bewusst etwas unsauber vor, um nicht ganz deckend zu arbeiten. Auf dem Bild rechts könnt Ihr gut sehen, dass einzelne Stellen weiß geblieben sind. Durch die sehr grobe Struktur der getrockneten weißen Kreidefarbe ergab sich nun ein sehr schöner 3D-Effekt.
Nach dem Trocknen versiegelte ich die in Lila gestrichenen Flächen wieder mit dem Soft Wax clear und ließ es einen Tag aushärten. Wie auch schon bei dem Unterbau der Kommode rührte ich mir dann wieder eine kleine Portion von dem in „Duck Egg Blue“ gefärbten Wachs an und strich es mit einem Borstenpinsel grob über die komplette Fläche. Anschließend arbeitete ich es mit einem Schwamm so weit in die Oberfläche ein, dass nur noch ein Schimmer der gründlichen Farbe zu sehen war.
Um die Kassette auf jeder Tür verliefen zwei Rahmen. Um einen dieser Rahmen hervorzuheben und so die Detailarbeit des Möbelstücks zu betonen verwendete ich wieder das „Duck Egg Blue“. Mit einem feinen Pinsel malte ich die umlaufende Linie an und ging dabei bewusst etwas unsauber vor. Die fertigen Türen versiegelte ich nach dem Trocknen wieder mit dem farblosen Möbelwachs. Nach ein paar Stunden Aushärtungszeit schliff ich die Farbe der Türen stellenweise wieder herunter. An dem gründlich gestrichenen Zierrahmen schliff ich manchmal bis auf das Holz, manchmal nur bis zur weißen Farbe darunter. So entstand ein sehr schöner Used-Look. Nach der finalen Versiegelung mit Wachs waren nun auch die Türen fertig.
10. Bemalung Schubladen
Zwei der Schubladen hatten keine Verzierungen. Um sie dennoch etwas interessanter zu gestalten als sie es ganz in weiß gewesen wären, strich ich die innere Kassetten mit dem „Duck Egg Blue“. Dazu klebte ich die Fläche zunächst ab und malte die Kante des Malerkrepps mit der weißen Kreidefarbe zu. So würde nur weiße Farbe hinter das Klebeband laufen können, nicht aber die grüne. Eine genauere Beschreibung dieses Tricks findet Ihr in meinem Kapitel Tipps.
Nach dem Trocknen malte ich dann die Fläche der Schubladen-Kassette satt in zwei Schichten mit der grünlichen Kreidefarbe an. Am nächsten Tag versiegelte ich die Fronten mit dem farblosen Möbelwachs und schliff dann für den Vintage-Effekt Ecken, Kanten und auch die Flächen mit etwas Schleifpapier an. Im letzten Schritt überarbeitete ich dann nochmals die gesamte Fläche mit dem Soft Wax clear und polierte sie bis ein sanfter Glanz entstand.
11. Versiegelung und Finish Korpus
Der Korpus der Kommode sollte weiß bleiben. Also versiegelte ich die mit bereits zwei Schichten Kreidefarbe gestrichenen Flächen mit Soft Wax clear. Dazu arbeitete ich wieder mit einem fusselfreien Lappen und arbeitete die weiche Masse in kreisenden Bewegungen in die poröse Oberfläche der Kreidefarbe ein.
Ihr solltet hier immer ein wenig Geduld aufbringen und so lange warten bis die erste Wachsschicht sich nicht mehr klebrig anfühlt. Denn wenn sich der feine Schleifstaub auf die frisch gewachste Oberfläche setzt, bekommt Ihr ihn dort nur schwer wieder herunter. Insbesondere, wenn Ihr mit verschiedenen Farbe gearbeitet habt, solltet Ihr mindestens einen Tag warten. Denn sonst könnte sich beispielsweise der Schleifstaub der grünen Farbe auf den weißen Flächen festsetzen. Es sei denn genau dieser Effekt ist gewünscht, was durchaus sehr schön wirken kann. Denn so wird der Vintage Charakter noch ein wenig verstärkt.
Nach dem Anschleifen habe ich den der Korpus noch einmal komplett gewachst um einen maximalen Schutz des Möbelstücks zu erzielen.
12. Die Oberseite
Die Ablagefläche der Kommode hat einen umlaufenden Rahmen, an dem das Holz etwas abgesenkt ist. Diese so entstandene Kante konnte ich sehr gut für einen Farbwechsel nutzen. Ich klebte sie mit Malerkrepp ab und dichtete es genauso ab, wie ich es schon bei der Bemalung der Schubladen erklärt habe. D.h. ich setzte das Klebeband auf den äußeren Rahmen der Ablagefläche, die weiß bleiben sollte und dichtete die innere Kante mit weißer Kreidefarbe ab.
Nach dem Trocknen konnte ich dann gefahrlos mit dem „Duck Egg Blue“ über die Kante des Klebebands gehen, ohne dass die Farbe dahinter lief.
Mit einem großen Pinsel (der original Annie Sloan Pinsel eignet sich für solche großen Flächen hervorragend, ich verwendete ihn in Größe M, mehr dazu in meinem Kapitel Pinsel & Roller
) strich ich die gesamte Fläche nun in dem zuvor verwendeten Grünton. Dabei trug ich die Farbe satt auf um der Oberfläche eine schöne Struktur zu verleihen. Denn die Pinselstriche würden hier wieder genauso stehen bleiben, wie ich sie mit dem Pinsel zeichnete und würden so eine tolle 3D Optik erzielen.
Nach dem zweiten Anstrich war die Fläche perfekt, sodass ich sie mit dem farblosen Soft Wax von Annie Sloan versiegeln konnte. Mit einem fusselfreien Lappen arbeitete ich auch hier wieder mit ein wenig Druck und kreisenden Bewegungen, so dass das Wachs in jede Vertiefung gelangen konnte.
Nach dem Trocknen der ersten Wachschicht verlieh ich dann auch der Oberseite der Kommode mit ein wenig Schleifpapier das Shabby Chic Finish. Nach einem finalen Wachs-Vorgang war die Kommode Eva dann endlich fertig! 🙂
3 Comments
Sieglinde Müller
vielen, lieben Dank
Sieglinde Müller
kann ich auch einen lackierten Eichenschrank auf diese Weise behandeln, also vorhandene Lackfarbe anschleifen, und dann mit Kreidefarbe und Wachs, wie beschrieben, arbeiten?
Leonie
Hi Sieglinde!
Klar, das funktioniert! Ich würde nur auf jeden Fall vorher grundieren, denn sonst besteht die Gefahr, dass es später Flecken gibt. Schau doch mal bei meinem Projekt Eiche Rustikal in Shabby Chic vorbei. Das hilft Dir bestimmt auch nochmal ein bisschen weiter!
Liebe Grüße
Leonie