Lack, Wachs oder Öl? – Holz-Versiegelung im Vergleich
Holz-Oberflächen sollten immer versiegelt werden
Wozu braucht man eine Holz-Versiegelung? Um ein tolles Shabby Chic oder Vintage Objekt zu gestalten verwendet man häufig Kreidefarbe oder Acryllack und kann damit selbst den langweiligsten Möbelstücken einen tollen Charme verleihen.
Ob Gelsenkirchener Barock oder ein lackierter Kiefernschrank, mit ein wenig Farbe sind die meistens unmodern gewordenen Möbel auf einmal nicht mehr wiederzuerkennen und erstrahlen in neuem Vintage-Glanz.
Manchmal ist es jedoch auch sehr schön, wenn man das alte Holz einfach nur komplett abbeizt oder abschleift, bis es wieder seinen rohen Zustand erreicht hat. Man denke beispielsweise an einen alten, massiven Eiche Rustikal-Tisch. Während man das Untergestell und die Beine beispielsweise mit weißer Kreidefarbe verwandeln kann, kann es ganz zauberhaft sein, die Tischplatte einfach bis auf das rohe Holz abzuschleifen.
Eichenholz kann mit seiner groben Struktur ganz besonders gemütlich wirken. Ohne die typische Eiche Rustikal-Optik sind Eichenholztische heutzutage sogar besonders modern.
Doch wenn man mit rohem Holz arbeitet, dann muss man immer daran denken, es am Ende haltbar und vor allen Dingen unempfindlich gegen Schmutz zu machen. Dabei ist es egal, ob Ihr ein altes Möbelstück bis auf das rohe Holz abgeschliffen oder Euch aus neuem Holz ein kleines Kunstwerk gebaut habt.
Damit Ihr lange Freude daran haben könnt, ist es wichtig, das fertige Möbelstück im letzten Schritt zu versiegeln.
Welche Versiegelung?
Hierzu gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, die jeweils zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Man kann wachsen, ölen oder lackieren und für jede dieser Möglichkeiten gibt es auch nochmal ganz unterschiedliche Produkte auf dem Markt. Jedes Produkt kann dem behandelten Holz ein ganz anderes Aussehen verleihen.
Holzöl
Beginnen wir einmal mit dem Holzöl. Allgemein ist es so, dass Öle das Holz „anfeuern“. So nennt man den Nass-Effekt, wenn das Holz nach der Bearbeitung etwas dunkler und meist gelblicher wird.
Dabei tritt gleichzeitig die Holzmaserung deutlicher hervor. Je dunkler und röter das Öl, desto größer ist dieser Effekt.
Der Vorteil von Öl ist grundsätzlich, dass man reine Naturprodukte wählen kann. Oft wird beispielsweise auf Leinöl oder Olivenöl zurückgegriffen. Allerdings ist Öl auch in der Regel die am wenigsten widerstandsfähige Versiegelung.
Es zieht zwar tief in das Holz ein und schützt es so in gewissem Maße vor äußeren Einflüssen wie Verschmutzungen, allerdings muss das Ölen je nach Beanspruchung der Oberfläche regelmäßig wiederholt werden.
Zudem sollten Flüssigkeiten immer schnell abgewischt werden, da sonst unschöne Wasserflecken entstehen können. Hartnäckigen Verschmutzungen wie beispielsweise durch Rotwein, hat Öl nichts entgegenzusetzen.
Aus diesem Grund gibt es im Handel Abwandlungen der rein natürlichen Öle, beispielsweise sogenannte Hart-Öle. Sie sind etwas widerstandsfähiger und werden u.a. für Fußböden verwendet. Der Auftrag von Öl erfolgt in der Regel mit einem weichen Tuch. Überschüssiges Öl kann so immer direkt aufgenommen werden.
Ich mag das Ergebnis von Holz-Öl sehr gerne, weil hier die Holzstruktur am natürlichsten bleibt. Das Holz fasst sich immer noch fast wie unbehandelt an und sieht sehr ursprünglich aus.
Für mich ist es aber nicht immer die schönste Lösung, weil ich den Anfeuerungseffekt oft nicht mag. Behandelt man ein helles, fast weißes Holz mit Öl geht sein kühler Farbton verloren. Aber das ist Geschmackssache. Normalerweise ist der Anfeuerungseffekt optisch der große Vorteil von Öl und oftmals erwünscht.
Wachs
Die nächste Stufe der Versiegelung ist die mit Wachs. Ob schon fast flüssig oder als zähe Paste, man kann es direkt auf das unbehandelte Holz oder aber als zusätzliche Versiegelung über die mit Öl behandelten Oberflächen geben.
Eine gewachste Oberfläche wird glatter und wasserabweisender als eine geölte. Wachs ist in seiner Ursprungsform ebenfalls ein Naturprodukt (häufig Bienen- oder Pflanzenwachs) und hat den Vorteil, dass es die Holzfarbe nicht besonders stark beeinflusst.
Wachst man unbehandeltes Holz, behält es eher seine ursprüngliche Farbe, als wenn man es ölt. Wie glänzend die Oberfläche wird, ist in der Regel davon abhängig, wie stark man das Wachs am Ende poliert. Reibt man es am Ende nur kurz ab, bleibt es recht matt. Poliert man es stark auf, wird es glänzend.
Ein großer Nachteil von Wachs ist, dass es empfindlich auf Wärme reagiert. Auf einer Tischplatte muss man beispielsweise mit heißen Töpfen aufpassen. Steht ein gewachster Tisch in der Sonne, kann auch hier das Wachs schnell weich werden.
Wie auch Holzöl hat Wachs wiederum den Vorteil, dass man es zwischendurch recht problemlos auffrischen kann.
Lack
Die haltbarste und strapazierfähigste Variante Holz zu versiegeln, ist das Lackieren. Sie hat jedoch auch Nachteile, die nicht zu verachten sind.
Durch eine Versiegelung mit Klarlack werden alle Holzporen fest verschlossen und somit ist das Holz nicht mehr atmungsaktiv.
Was aber noch viel wichtiger ist, ist dass Lack verkratzt und absplittern kann. Wenn eine lackierte Oberfläche einmal eine Macke bekommt, kann diese nicht mehr so einfach ausgebessert werden.
Anders als bei Öl und Wachs muss dann die gesamte Fläche wieder abgeschliffen und neu lackiert werden. Punktuelle Ausbesserungen mit Lack werden immer sichtbar bleiben.
Ich verwende zwar sehr häufig Klarlack zur Versiegelung meiner mit Kreidefarbe gestrichenen Möbel. Wenn ich jedoch eine rohe Holzstruktur versiegeln möchte, greife ich eher auf Öl oder Wachs zurück. Es wirkt dann schön natürlich und ist viel einfacher zu handhaben.
Der Vergleich
Soviel zur allgemeinen Theorie. Nun ist es aber so, dass alle der unglaublich vielen Produkte auf dem Markt ganz individuelle Ergebnisse liefern. Öl ist nicht gleich Öl und Wachs ist nicht gleich Wachs.
Beispielsweise gibt es gefärbte Produkte, die die Farbe des Holzes beeinflussen können oder Öle, die keinen Anfeuerungseffekt haben sollen und so das Holz unsichtbar schützen. Hinzu kommt der unterschiedliche Glanzgrad, den das Finish haben kann.
Um einmal zu testen, wie unterschiedlich die einzelnen Ergebnisse aussehen können, habe ich mir ein unbehandeltes Eichen-Holzbrettchen in acht gleich große Flächen geteilt und dann verschiedene Produkte darauf ausprobiert.
Auf dem Bild unten könnt Ihr das Ergebnis sehen. Rechts im Bild zum Vergleich das unbehandelte Holz.
1. Klarlack (Shabby Chic Versiegelung von Lignocolor)
Diesen Klarlack verwende ich sehr oft, wenn ich meine mit Kreidefarbe gestrichenen Vintage-Objekte abschließend versiegle. Kaufen könnt Ihr den Lack beispielsweise bei amazon (Amazon Lignocolor Versiegelung*).
Das Ergebnis: Das Holz ist etwas dunkler geworden, hat aber kaum einen Gelbstich bekommen. Der Lack hat das Holz also nur wenig angefeuert.
Von allen getesteten Finish-Produkten liefert der Klarlack das glänzendste Ergebnis, ist aber immer noch relativ matt. Die Holzstruktur ist nach zwei Anstrichen zwar noch spürbar, fühlt sich jedoch deutlich glatter an als bei den anderen getesteten Produkten.
2. Wachs (Annie Sloan Soft Wax)
Farbloses Möbelwachs verwende ich für die Versiegelung von Kreidefarbe, wenn die Oberflächen keinen großen Belastungen ausgesetzt werden.
Direkt auf das rohe Holz aufgetragen ist es wie auch der Klarlack fast unsichtbar. Es hinterlässt eine leicht samtige Oberfläche und färbt das Holz nur leicht dunkler. Beim Auftragen wird das Holz zwar zunächst deutlich dunkler, nach dem Trocknen hellt es aber wieder auf.
Für die Behandlung von rohem Holz würde ich dieses Wachs dem Klarlack immer vorziehen, da es das Holz eher atmen lässt und etwas matter aussieht.
3. Schellack (Schellack-Sperrfinish von Natural Farben)
Bei meiner Recherche im Internet bin ich unter anderem auch auf das Thema Schellack gestoßen. Erwähnt habe ich Schellack bereits auf meiner Seite Grundierungen.
Es wird aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus gewonnen und ist somit ein natürliches Produkt, das sich in unglaublich vielen Einsatzbereichen wiederfindet. Schallplatten sind aus Schellack, es ist ein Überzugsmittel für Süßwaren und Schellack auf den Fingernägeln verspricht ein nicht splitterndes und kratzfestes Ergebnis, um nur einige zu nennen.
Eine große Rolle spielt Schellack aber auch in der Möbelpflege. Schon vor mehr als zweihundert Jahren wurde es als hochglänzende Möbelpolitur eingesetzt. Sicherlich kennt Ihr alle die typisch hochglänzenden antiken Möbel und Musikinstrumente. Der Umgang mit der Schellackpolitur und das Erzeugen einer so hochglänzenden Oberfläche ist eine Wissenschaft für sich.
Aber einfach einsetzen lässt sich Schellack als Grundierung um Holzinhaltsstoffe abzusperren und somit den neuen Anstrich vor hässlichen Verfärbungen zu schützen.
In einem Tutorial hatte ich gelesen, dass die Schellackgrundierung unsichtbar schützt, den Farbton des Holzes also nicht beeinflusst und auch die Holzmaserung nicht stärker hervortreten lässt.
Bei mir hat das nicht so funktioniert. Wie Ihr sehen könnt ist das Ergebnis deutlich dunkler und die Holzmaserung tritt stark hervor. Dabei fühlt sich das Holz aber immer noch sehr natürlich an und die Oberfläche bleibt sehr schön matt.
4. Kalkwachs (Quick)
Weißes Kalkwachs kennt Ihr bereits, wenn Ihr meine Seite über White Wash gelesen habt, oder eines der Projekte verfolgt habt, bei dem ich es eingesetzt habe (beispielsweise bei meinem Polsterstuhl World).
Es ist ein weiß gefärbtes und festes Möbelwachs, das sich hervorragend für den White Wash Effekt eignet. Zu empfehlen wäre beispielsweise das von Lignocolor: Amazon Lignocolor Möbelwachs weiß*.
Das Ergebnis: Das Wachs füllt die Poren des Holzes auf und gibt ihm einen weißen Schleier. Es bleibt matt, wenn die Oberfläche nicht zu stark nachpoliert wird. Das Holz fühlt sich relativ glatt an, aber immernoch natürlich.
Von allen getesteten Finish-Möglichkeiten sieht die gekalkte Oberfläche jedoch auch am unnatürlichsten aus. Hier ist einfach sichtbar, dass mit einem weiß gefärbten Produkt gearbeitet worden ist.
5. Öl-Wachs Kombination (TopOil von Osmo 3068 Natural matt)
Dieses Öl von Osmo, das es in fast jedem Baumarkt gibt (oder auch hier: Amazon Osmo TopOil*) verspricht, dass es keinerlei Anfeuerungseffekt hat und somit unbehandeltes Holz unsichtbar schützt. Es ist für Arbeitsplatten konzipiert und soll somit sehr stark belastbar sein. Es ist dickflüssig und weiß pigmentiert.
Das Ergebnis: Das Öl färbt das Holz in der Tat nicht dunkler, sondern hellt es im Gegenteil sogar etwas auf. Durch die weiße Pigmentierung entsteht ein heller Schleier, der absolut matt ist. Das Holz sieht zwar nicht wie unbehandelt aus, das Ergebnis kommt dem jedoch sehr nahe.
Da es für Küchenarbeitsplatten konzipiert ist, wäre dieses Produkt beispielsweise hervorragend für eine Tischplatte einsetzbar.
6. Holzöl (IKEA BEHANDLA)
Dieses Öl kann man für knapp 6€ sehr günstig bei IKEA kaufen. Es ist ebenfalls für Küchenarbeitsplatten gedacht und somit unbedenklich, wenn es um Lebensmittel geht.
Das Ergebnis: Wie von einem normalen Holzöl zu erwarten, feuert es das Eichenholz an, wenn auch nicht sehr stark. Das Holz wird etwas dunkler, bekommt einen warmen Honig-Ton und die Maserung wird betont. Wer diesen Anfeuerungseffekt mag, der ist mit diesem Produkt sehr gut bedient.
7. Pigment-Öl (Kalkweiß von Natural Farben)
Hierbei handelt es sich um ein Öl, das unbehandeltes Holz intensiv einfärben soll. Ich habe mir die Farbe Kalkweiß bestellt, es gibt jedoch auch noch die Farben „rotbraun“, „räuchereiche“, „antik“ und „stahlgrau“.
Das Holz ist etwas heller geworden, weil es einen weißen Schleier bekommen hat. Vom Ergebnis ist es dem vom Osmo TopOil sehr ähnlich, wirkt meiner Meinung nach jedoch etwas „künstlicher“. Im Vergleich zu der mit Kalkwachs behandelten Fläche wirkt es aber immernoch natürlich.
Dabei hat es einen leichten, seidigen Glanz, ist also nicht ganz so matt wie das Produkt von Osmo oder das Kalkwachs.
8. Olivenöl
Viele Menschen schwören immer noch darauf, Holz einfach nur mit einem handelsüblichen Olivenöl zu behandeln, da hier nun wirklich überhaupt keine Chemikalien zum Einsatz kommen.
Das Ergebnis: Das Holz wird sehr stark angefeuert und liefert das dunkelste Resultat im Vergleich. Die Holzmaserung wird sehr klar herausgearbeitet und der Farbton wirkt fast etwas goldig.
Im Gegensatz zu der mit Schellack behandelten Fläche wirkt das behandelte Stück auch noch nach Tagen als wäre es feucht.
ABER: Olivenöl ist in erster Linie ein Speiseöl und sollte nicht für die Versiegelung von Möbeln eingestetzt werden. Denn das Öl kann nach einiger Zeit ranzig werden. Es zieht nicht richtig in das Holz ein und schützt es auch nur bedingt.
Für den Einsatz bei Schneidebrettern und Küchenutensilien finde ich es absolut super. Für alle anderen Gegenstände würde ich dann doch eher zu einer alternativen Versiegelung raten.
Wie Ihr seht kann man je nach verwendetem Produkt ganz unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Ganz unbehandelt sieht jedoch keine der Testflächen aus. Wofür Ihr Euch entscheidet hängt am Ende davon ab, wie gut die Oberfläche belastbar sein soll und welche Optik Euch am besten gefällt.
Um sicherzugehen, dass das Ergebnis genauso wird, wie Ihr es Euch vorstellt, solltet Ihr es aber unbedingt vorher testen. Wenn Ihr etwas aus neuem Holz bauen möchtet, dann ist das recht einfach, denn dann könnt Ihr so wie ich ein Probebrettchen nehmen und ausführlich testen.
Habt Ihr diese Möglichkeit nicht, weil Ihr ein fertiges Möbelstück behandeln möchtet, dann würde ich Euch raten, das gewählte Produkt erstmal an einer kleinen Stelle auszuprobieren, wo Ihr es notfalls noch einmal abschleifen könnt. 😉
55 Comments
Felix Dohrmann
Vielen Dank für die Info’s! 🙂
M.w.
Muss ich das Holz erst versiegelt bevor die Kreidefarbe und der Wachs drauf kommt??
Leonie
Hi!
Es kann sein, dass Du eine Grundierung benötigst, bevor Du mit der Kreidefarbe anfängst. Schaue doch gerne einmal unter meinen FAQ bei Wann brauche ich eine Grundierung? vorbei. Oder direkt auf meiner Seite Grundierungen.
Liebe Grüße
Leonie
Anonymous
Liebe Leonie,
vielen Dank!! 🙂
Mach weiter so und bleib gesund,
Peter